Die Piroge ist wieder da: Aktion pro Humanität erinnert an Flüchtlingskatastrophe auf dem Mittelmeer
Der Einbaum mit Mast und neuem „Informationssegel“ steht wieder im Brunnen-Innenhof neben der Basilika in Kevealer.
Kevelaer. Die Piroge aus 2015, die bereits damals über Wochen im Brunnen-Innenhof der Basilika stand und an das Flüchtlingselend auf dem Mittelmeer erinnerte, kehrt zurück. Schon damals wollte die Aktion pro Humanität (APH) ein Zeichen setzen, ein Mahnmal geben für das unfassbare Sterben flüchtender Menschen auf dem Mittelmeer, Frauen, Männer, Kinder, die ihre Heimat verlassen, um in Europa Hoffnung, eine Perspektive auf menschenwürdiges Leben zu finden – und dabei hilflos ertrinken.
2015
Und leider hat sich seit 2015 nichts verbessert. Immer noch, und mehr als je zuvor, ertrinken Menschen auf ihrer Flucht vor Gewalt, Armut, Krieg und Terror im Mittelmeer. „Beim verschollenen Titanic-Tauchboot vor wenigen Tagen schauten und hörten viele Menschen hin. In allen Medien und Tag für Tag wurde berichtet und wir nahmen Anteil. Bei Berichten über gekenterte Rettungsboote hingegen schalten immer mehr Menschen ab. Jedes gekenterte Boot ist eine Katastrophe ohne Lösungen“, sagt Elke Kleuren-Schryvers, Vorsitzende der APH. „Wir spüren, es fehlt uns an menschenwürdigen Strategien im Umgang mit der zunehmenden Zahl von Flüchtenden. Wir haben Fragen über Fragen.“ Dennoch bleibe fürsorgende und liebende Mitmenschlichkeit für Menschen in Not ein Muss und eine humanitäre Pflicht. „Wegschauen, schweigen, zurückweisen – all das löst die Probleme nicht. 57.000 Menschen sind in diesem Jahr schon über das Mittelmeer nach Europa gekommen – so viele wie noch nie.“
Die Piroge steht nun wieder mit neuem Segel, neuen Texten im Brunnen-Innenhof neben der Basilika. Auf dem Hof des Zimmerei-Unternehmens van Aaken hat sie die vergangenen Jahre verbracht. Die Firma van Aaken hatte den Baumstamm damals fachmännisch bearbeitet und so zu einem Einbaum gestaltet. Unter der Regie der Künstlerin Bettina Hachmann hatten im Jahr 2015 Flüchtlinge und Kinder die Piroge mit Symbolen ihrer Heimat bemalt. Sie erhielt ein Segel mit Bildern und Informationen zur Seenot-Rettung durch MOAS, dem Kooperationspartner von APH auf dem Mittelmeer bei der Rettung schiffsbrüchiger Menschen.
Damals besuchte Dr. Rupert Neudeck, die Pionier der Seenotrettung 1987 im südchinesischen Meer mit dem Frachter CAP ANAMUR, die kleine Piroge in Kevelaer. Durch CAP ANAMUR wurden mehr als 10. 000 vietnamesische Boatpeople gerettet. „Die Aktion pro Humanität durfte an den Händen von Christel und Dr. Rupert Neudeck lernen und wachsen“, erinnert sich APH-Vorsitzende Dr. Elke Kleuren-Schryvers.
Nun ist die Piroge wieder da – sichtlich von der Zeit gezeichnet, von all den Jahren, in denen das Flüchtlingssterben auf dem Mittelmeer weiter und weiter ging und immer noch geht. „Die Wallfahrtsleitung Kevelaer stimmte der neuerlichen Aufstellung in Anbetracht der aktuellen, katastrophalen, menschenunwürdigen Situation für die Flüchtenden auf dem Mittelmeer und an den Außengrenzen Europas sofort zu“, so das APH-Team. Die Schreinerei Tervooren aus Kevelaer-Kervenheim bewerkstelligte den koordinierenden und technischen Part der Wiederaufstellung der Piroge; die Firma Douteil aus Kevelaer entwarf und realisierte mit APH das neue Segel.
„Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass Menschen verzweifelt den Weg über das Mittelmeer nehmen und ertrinken. Wir dürfen das so wenig normal finden, wie die Kriegshandlungen in der Ukraine! Ich danke der APH, dass sie uns alle unaufdringlich, künstlerisch, aber unübersehbar und mitten im Wallfahrtsgeschehen daran erinnert“, so Pfarrer Heiner Innig, St. Marien.
Fotos: aph