Holzkreuze zeugen von Terror gegen Christen im Niger

Aktion pro Humanität möchte Menschen in Afrika weiter unterstützen
(Text zur Veröffentlichung in KIRCHE & LEBEN)

Wallfahrtsrektor Gregor Kauling segnete die drei Holzkreuze, die aus einem verkohlten Balken aus dem Niger gefertigt wurden. Foto: Bischöfliche Pressestelle / Christian Breuer

Kevelaer (pbm/cb). Mit einem verkohlten Holzbalken im Gepäck sind Mitglieder der Kevelaerer „Aktion pro Humanität“ (APH) von ihrer jüngsten Reise in den Niger zurückgekehrt. Das Holz gehörte zu einem kirchlichen Gebäude, das bei den Terrorangriffen auf 70 christliche Einrichtungen im Jahr 2015 in Brand gesteckt wurde. „Viele der Gebäude liegen noch immer in Schutt und Asche“, berichtete Dr. Elke Kleuren-Schryvers, APH-Vorsitzende, von ihren Eindrücken.

Aus dem Holzbalken hat Schreiner Heinz-Peter Tervooren, der mit im Niger war, drei Kreuze gefertigt. Unter der schwarz verkohlten Rinde ist zu sehen, wie tief die Hitze bis in das helle Holz gewirkt hat. Am 27. März hat der Kevelaerer Wallfahrtsrektor Gregor Kauling die Kreuze in der Gnadenkapelle gesegnet. Das Kreuz, betonte er, sei nicht nur ein Zeichen des Todes, sondern auch der Hoffnung und der Auferstehung.

So sollen auch die drei verkohlten Kreuze die Dankbarkeit und Hoffnung der Menschen im Niger ausdrücken, sagte Kleuren-Schryvers nach der Segnung. „In dem Land herrscht eine tiefe Perspektivlosigkeit, die Menschen hungern“, schilderte sie eindrücklich. Durch die Hilfe vieler Niederrheiner jedoch würden einige Menschen Trost erfahren. Das habe ihr Erzbischof Laurent Lompo, mit dem die APH in Afrika zusammenarbeitet, ausdrücklich bestätigt. „Der Erzbischof grüßt die Niederrheiner und bedankt sich für die Nahrungsmittelhilfen, die wir leisten konnten. Er kann den Menschen zeigen, dass es gefüllte Speicher gibt, das tröstet sie. Wir konnten sehr intensiv helfen“, sagte Kleuren-Schryvers.

Bei ihrer Niger-Reise besichtigten die APH-Mitglieder erstmals seit sieben Jahren einige Projekte, die durch die Hilfe aus Kevelaer ermöglicht wurden. Dazu zählten neben Brunnen und einer Krankenstation auch Felder, die von Frauen bewirtschaftet werden, deren Eigenständigkeit durch sogenannte Mikrokredite ermöglicht werden soll. „Die Menschen kann man durch Zuwendung überzeugen“, hatte Kleuren-Schryvers bei der Reise erfahren, „es ist so leicht, den Menschen mit wenig Geld eine Perspektive zu geben.“ Wichtig sei dabei der interreligiöse Dialog, zu dem die Kirchenvertreter auch unmittelbar nach den Terroranschlägen aufgerufen hätten. „Gerade jetzt vor Ostern sind die Menschen nicht ohne Sorge, auch wir mussten unter Militärschutz reisen. Dennoch haben Erzbischof Lompo und viele andere Menschen ihre Bemühungen um den interreligiösen Dialog noch intensiviert.“

Das erste der drei Kreuze, mit denen der Dank der Menschen im Niger ausgedrückt werden soll, bekam Wallfahrtsrektor Kauling, stellvertretend für die Pfarrei St. Marien. Ein weiteres Kreuz soll sein Vorgänger im Amt, der heutige Weihbischof Rolf Lohmann erhalten. Erzbischof Lompo wird schließlich während des Katholikentags in Münster, der vom 9. bis 13. Mai gefeiert wird, das dritte Kreuz an einen Vertreter des Bistums übergeben. „Auch das Bistum Münster hat geholfen, dass alle Kirchen, die 2015 im Niger niedergebrannt wurden, in diesem Jahr wieder geöffnet werden können. Das ist für die Menschen dort ein starkes, wichtiges Zeichen“, erklärte Kleuren-Schryvers.

Fastenaktion 2018 – Niger

Aktion pro Humanität :
Hilferufe aus Syrien und dem Niger –  Den Menschen in Not an der Seite sein – in Syrien und im Niger.

Unsere Welt-Un-Ordnung wirft ihre Schatten bis zu uns an den Niederrhein, bis nach Kevelaer. Von hier arbeitet die Stiftung Aktion pro Humanität seit mehr als 20 Jahren und versucht gemeinsam mit den Menschen am Niederrhein Bote und Realisierer von Trost und Perspektive in der Welt zu sein.

Die Menschen an vielen Orten dieser Welt wissen das inzwischen. So kommt es immer wieder zu ganz konkreten Hilferufen nach Kevelaer. In diesen Tagen kommen sie aus Syrien und dem Niger.

Erzbischof Laurent Lompo, Niamey, Niger

Erzbischof Laurent Lompo aus dem Niger bittet aus ganz anderen Gründen um Hilfe. Der Sahelstaat mit einer 20 Millionen Bevölkerung hungert. Er bittet dringend um Hilfestellung für die Spezialzentren, die sich um unterernährte Kinder und Mütter kümmern. Die internationale Hilfe wegen der Hungersituation einiger Millionen Menschen ist zwar erbeten und angefordert, aber noch nicht angelaufen. Aktion pro Humanität hat im Dezember schon mit einer ersten großen Spendenaktion helfen können. Der Hunger wird noch mindestens bis zur nächsten Ernte im November dauern. Und man sagt, dass der Hunger der ersten 1000 Lebenstage eines Kindes lebenslängliche Folgen zeigt.

„Bei unserem Besuch im Niger im Januar diesen Jahres haben wir drei dieser Zentren gesehen, die zu den Sprechstunden mit den Untersuchungen der Kinder, mit Wiegen und Messen, mit der Verteilung der Nahrungsmittel alle Hände voll zu tun hatten. Und ab März erwartete man dort eine deutliche Verschlechterung der Situation. Man schätzte, das es zwei- bis dreimal so viele bedürftige Kinder und Mütter geben werde. März ist es nun geworden.

Am Sonntag, den 11. März 2018 gab es in Niamey eine große Fasten-Wallfahrt, die von morgens um 8.00 Uhr bis abends um 18.00 Uhr dauerte. 3500 Christen kamen an den Bischofssitz und in die Kathedrale, beteten und sangen. Ihre Intention war u.a. auch die Bitte um Linderung ihrer eigenen Hungersituation im Land. Es gab keine Störungen oder Übergriffe. Allerdings war die Veranstaltung durch Militärpräsenz geschützt.

Wie bereits schon einige Male zuvor wird die Stiftung der Familie Seibt aus Wesel-Flüren/Grav-Insel diese Nothilfe-Aktion der Stiftung Aktion pro Humanität in der Fastenzeit mit konkretem Handeln begleiten. 12.500 Euro werden von Frank Seibt für die Nothilfe (Nahrungsmittel, Medikamente, Verbandsmaterialien, Baustoffe) zugunsten der leidenden Menschen in Damaskus bereitgestellt. Weitere 12.500 Euro sind für die Hungerhilfe im Niger bestimmt, wo die Stiftung der Familie Seibt bereits im Dezember sehr, sehr großherzig interveniert hatte. Im Niger werden damit aktuell drei Feeding-Center zur Behandlung von unterernährten Kindern und Müttern unterstützt.

Starke Zeichen der Hoffnung für die Menschen in so großer Not und ein großes Startkapital für diese Hilfsaktion vom Niederrhein in der Fastenzeit 2018!

Sie können sich an die Seite dieser Menschen in Not stellen.

Spendenkonto der
Stiftung Aktion pro Humanität
Volksbank an der Niers IBAN DE39 32061384 43301300 11

Stichwort  Niger

Fastenaktion 2018 – Damaskus

Aktion pro Humanität :
Hilferufe aus Syrien und dem Niger –  Den Menschen in Not an der Seite sein – in Syrien und im Niger.

Unsere Welt-Un-Ordnung wirft ihre Schatten bis zu uns an den Niederrhein, bis nach Kevelaer. Von hier arbeitet die Stiftung Aktion pro Humanität seit mehr als 20 Jahren und versucht gemeinsam mit den Menschen am Niederrhein Bote und Realisierer von Trost und Perspektive in der Welt zu sein.

Die Menschen an vielen Orten dieser Welt wissen das inzwischen. So kommt es immer wieder zu ganz konkreten Hilferufen nach Kevelaer. In diesen Tagen kommen sie aus Syrien und dem Niger.

 

Pater Bahjat Elia Karach, Damaskus

So bescheiden und unspektakulär klingt ein Hilferuf aus Bombenhagel, Tod, Hunger, Ausgeliefertsein …,“ so Dr. Elke Kleuren-Schryvers nachdenklich. Am Montag, 12. März 2018, schreibt Ayham Khouly, der Projekt-Koordinator von ATS (assoziatione pro terra sancta), der franziskanischen Hilfsorganisation in Damaskus:

„Liebe Dr. Elke,

die Situation hier in Damaskus ist immer noch sehr schlecht. Hunderte von Granaten und Raketen haben die Wohngebiete getroffen – tagtäglich. Sie kommen von Algouta, welches sehr nahe an Damaskus liegt. ….

So viele Menschen sterben und werden verletzt. Vor allem Kinder. Die Altstadt von Damaskus bekommt das größte Bombardement ab zusätzlich zu einigen anderen Vierteln wie Jaramana, Dowelaa und Alkasaa.

Als Beispiel: An einem Tag im vergangenen Februar haben mehr als 50 Mörsergranaten Damaskus getroffen. Am 08. Februar wurden 20 Menschen getötet und mehr als 141 verletzt, weil es mehr als 70 Granaten gab an diesem Tag. Eine Menge von Schulen haben entschieden, zu schließen zum Schutz der Kinderleben. Als sich gerade in der vergangenen Woche wieder einige Schulen entschlossen hatten zu öffnen, wurden drei Schulen in der Altstadt von Damaskus von fünf Granaten getroffen.

Die Menschen bemühen sich, gegen den Tod anzukämpfen, aber keiner weiß mehr, wie die Zukunft sein wird. Nach der Entscheidung des UN-Sicherheitsrates letzte Woche hofften die Menschen hier, dass die Situation besser würde. Doch leider fallen die Bomben unvermindert weiter.

In der letzten Woche haben (Anm: trotz der beschlossenen Feuerpause) in nur zwei Tagen mehr als 100 Granaten die Stadt getroffen. Überall ist Blut auf den Strassen, immer nur wenige Meter bis zu den Einschlagskratern von Bomben und Granaten. Die Situation hier ist sehr kompliziert. In unserer Kirche in Bab Touma und Latin Hilfscenter wir kämpfen darum, um die Hilfsmittel (Nahrung und Medikamente, Verbandsmaterial) an die Menschen zu verteilen, die es nötig brauchen. Und wir beten weiter, immer weiter für den Frieden in Syrien.

Danke für Eurer Hilfsangebot!  Ich füge Fotos an.

Beste Grüße Ayham Khouly
Project Coordinator -ATS Damaskus office“

Sie können sich an die Seite dieser Menschen in Not stellen.

Spendenkonto der Stiftung Aktion pro Humanität
Volksbank an der Niers IBAN DE39 32061384 43301300 11

Stichwort Damaskus 

Fastenaktion 2018 – Aleppo

Alep

2018 – Tagebuch 6 – Teil 2

Tagebuch Januar 2018 / 6 Teil 2

Der Staat bezahlt die über 20 Mitarbeiter seit 7 Monaten nicht mehr. Aufgrund der kostenlosen Behandlungen für die Menschen – immerhin eine große Erleichterung – werden jedoch auch so gut wie keine Reparaturen durchgeführt. Man zeigt uns die defekte Saugglocke, die nicht mehr benutzt werden kann und das nicht mehr funktionsfähige Absauggerät.

Für die unterernährten Kinder, die morgens zur Station kommen, gibt’s eine Diagnose … aber keine Nahrung, wenn die Mütter sie nicht kaufen können. Das erschüttert uns, macht uns wütend … Es war sauber dort, wo wir gemeinsam mit der Mission Catholique und Caritas Niger vor einigen Jahren versucht haben, alte Bausubstanz so gut wie möglich zu reaktivieren und das kleine Gebäude für wenige Betten zur Hospitalisation neu erstellt haben. Aber alles wirkt so mutlos, so leer.

Allerdings ist es wirklich so im Sahel, dass die Menschen den oft 10 Kilometer langen Fußweg noch in der Nacht antreten, um frühmorgens dort zu sein. Noch weit vor der Mittagshitze wollen sie wieder zurücklaufen. So ist es oft mittags schon leer in diesen Dispensaires. Dennoch wird auch die Kirche künftig solche Kooperationen nicht mehr machen. Aber Makalondi ist momentan die einzige Krankenstation im Umkreis von mehr als 50 Kilometern für mindestens 50.000 Menschen von Grenze nach Burkina Faso bis zur Prefecture-Stadt Torodi.

Wir sehen eine sehr junge Mutter mit ihrem Baby dort in der Maternite, die vor wenigen Stunden entbunden hat. Gegen Abend geht sie heim, zu Fuß. Wir kapieren, so wütend wir auch sind, dass wir die Saugglocke, das Absauggerät ersetzen sollten. Um der Menschen willen. Denn der Staat wird es nicht tun, weil er angeblich alle Finanzressourcen in die Sicherheit stecken muss.

Und die Menschen leiden und sterben unnötig. Vor allem Frauen und Kinder.

Ich muss noch weiter schreiben von diesen Eindrücken an diesem unglaublichen Tag: Um die Mittagessenszeit sahen wir unsere Buamtandi-Frauen wieder. Es waren noch viel, viel mehr Frauen geworden. Musliminnen, Christinnen, alle in ihren Festtagsgewändern. Wir schätzen, dass es jetzt ca. 500 Frauen waren! Sie bedankten sich, wollten Hände schütteln, tanzen. Eine unglaubliche Lebensfreude inmitten tiefster Armut. Unvergesslich dieses Bild unter dem großen Baobab-Baum!

Auch unser Erzbischof Laurentius hat scheinbar an diesem Tag viele Erinnerungen. Er berichtet uns im Auto von seinem 9 Kilometer langen Schulweg von Kolbou nach Makalondi. Morgens hin, abends zurück. Zwei Jahre lang. Bis seine Freunde aus Bamberg, die damals als Entwicklungshelfer in seiner Region waren, andere Lösungen für ihn fanden, weil sie ihn fördern wollten.

Er träumte als Kind davon, einmal ein Päckchen der kleinen Zuckerklümpchen und eine Tüte Datteln ganz für sich allein haben zu dürfen. Dann, so meinte er damals, hätte er es geschafft und müsste Gott sehr danken für sein Leben. Er muss selbst noch sehr lachen, als er uns das erzählt.

 

Dann fahren wir weiter nach Torodi, wo eine ländliche Grundschule dringend für das nächste Jahr zunächst eine weitere Klasse benötigt. Bautechnisch besser wäre ein zweiter Gebäudeblock gegenüber dem ersten mit drei Klassen.

Bischof Laurent besucht mit uns alle drei schon existierenden Klassen und checked ab, wie das Bildungsniveau der Kinder von der ersten bis dritten Klasse ist. Diese Grundschule könnte mit den Spendenmitteln von der Bischofsweihe, unserer APH-Beteiligung sowie einiger weiterer Baustein­spenden realisiert werden. Die Kids, überwiegend muslimische Mädchen und Jungen, die von Ordensschwestern und muslimischen Praktikantinnen ausgestattet werden, sind hellwach und ganz agil!

 

Am späteren Nachmittag kommen wir „nach Hause“ – so empfinden wir es alle und trinken erst einmal ein „Nobeltje“ auf die gute Rückkehr. Froh und dankbar, dass alles ohne Zwischenfälle funktioniert hat. Voll von unglaublichen Eindrücken, die mich auch jetzt beim Schreiben noch mit voller Kraft wieder einholen …

2018 – Tagebuch 6 – Teil 1

Im Niger – Januar 2018 – Teil 6

Wir beten gemeinsam und angesichts der tiefen Ergebenheit und auch Offenheit Laurents bezüglich dieser schweren Situation in seiner Familie sind wir alle drei sehr still, als wir langsam wieder Anschluss suchen an die Gruppe. Alle Familien hier und überall auf der Welt haben solche menschlichen Tragödien als Kreuze zu tragen. Gleich, ob sie Bischöfe, Politiker, Geschäftsleute oder Viehzüchter sind.

Und ich denke plötzlich auf dem Weg zwischen den Hütten daran, wie sehr Laurent mich gestärkt und getragen hat nach dem Tod von Herbert. Wie er sich mit Peter und mir über unsere Beziehung und die neue Lebensperspektive gefreut hat. Wie er zu unserer Hochzeit – damals schon als Weihbischof – mit uns war, als Rolf Lohmann uns im Klarissenkloster getraut hat. Mir fallen die Szenen am Sterbebett meines Vaters ein, wo er so lange mit uns gewacht und gebetet hat. Jetzt beten wir mit ihm am Krankenbett seines Bruders.

Als wir ins Dorf hineingingen, haben wir alle gestoppt, um an den Gräbern von Laurents Vater und Mutter zu beten. Pere Vito, der 70 jährige italienische Priester ist Missionar für Afrika (SMA) und seit über 30 Jahren in Burkinas Faso und im Niger unterwegs mit den Menschen.

Immer in den ländlichen Regionen, unter für mich schier unmöglichen Lebensbedingungen, jedoch wirklich ganz, ganz nah bei den Ärmsten der Armen. Er erzählt mir, dass er hier im Dorf Laurents Mutter beerdigt hat, als Laurent bei uns in Deutschland war. Wir haben mit ihm für seine Mutter, die Christin war, die Auferstehungsmesse im Klarissenkloster zusammen mit unserem APH-TEAM gefeiert.

Auch bei der Beerdigung meines Vaters war Laurent noch mit uns – wieder als Konzelebrant mit Rolf Lohmann. Alle diese Bilder ziehen an mir vorbei als wir das Gehöft der Familie Lompo im Dorf Kolbou verlassen. Aus den Augenwinkeln nimmt man die Militärs wahr, die immer in Abstand um uns sind. Doch die Situation hat nichts Bedrohliches. Ich kann ganz ruhig weiterdenken hier inmitten dieses Saheldorfes, wie sehr sich unsere Lebenswege und Familiengeschichten alle miteinander verwoben haben – trotz der 5000 Kilometer Entfernung, des anderen Kontinents, der ganz anderen Lebensplanungen.

Ich sehe Laurent und Rolf Lohmann lachend gemeinsam auf dem Motorrad bei der MOWA auf den Kapellenplatz fahren und denke auch an schwere Zeiten für Laurent zu Beginn seines Bischofsamtes, an die Zeit der tiefen Bestürzung unmittelbar nach den Kirchenschändungen hier im Niger, wo Peter und ich gemeinsam mit Rolf Lohmann – damals noch als Rektor der Wallfahrt in Kevelaer – an seiner Seite sein konnten. Lebenswege, die auf diesem kurzen Fußweg durch den Sand, entlang an den Lehmmauern der Hütten, in gleißender Mittagshitze, ganz lebendig werden und als tiefes Glück dankbar empfunden werden können hier im Niger.

Auf dem weiteren Weg sehen wir das Terrain für das Mare, welches noch in der Nähe von Kolbou liegt.

 

Besuch Brunnendorf

Dann geht es wieder im Auto weiter in das kleine Dorf Tiboanti, wo einer der zuletzt errichteten Brunnen aus 2017 entstanden ist. 37 Brunnen sind seit dem ersten Kevelaer-Brunnen im Jahre 2005 gefolgt.

Das berichtet Dieudonné, unser nigrischer Sozialarbeiter, der für alle Brunnen und  Brunnen- Komitees der lokalen Bevölkerung zuständig ist.

Auf dem Rückweg nach Makalondi besuchen wir noch die neu gebaute Apotheke, die von der Kirche und Ordensschwestern betrieben wird – mit Medikamentenhilfe als Support von der action medeor.

Diese Apotheke ist in Funktion und Betrieb eigenständig und unabhängig von der staatlichen Krankenstation in Makalondi. Sie hilft der Bevölkerung sehr, dort nahbei die Medikamente zu finden, die verordnet wurden.

Ich denke an die fröhlichen, alljährlichen Gartenfeste von Irene Martens und Axel Baumanns, die das und Vieles mehr im Niger ermöglicht haben.

 

Die Ordensschwestern haben alles gut in Schuss. All das vermittelt ein gutes Gefühl. Nach dem Mittagessen in dem kleinen Kirchenanwesen sehen wir dann die staatliche Krankenstation in Makalondi erstmals nach sieben Jahren wieder.

2018 – Tagebuch 5

Abschied von Gohomey, auf nach Niamey

6.00 Uhr morgens, Dienstag, 23.01.2018. Die Morgenfrische hier im Niger ist einfach wunderschön um diese Jahreszeit. Und als wir die kleine Privatkapelle von Laurent betreten mit einem prägnanten Altar-Bild in rot-braunen Farbtönen und einem ganz besonderen, in seiner Einfachheit bestechenden Kreuzweg, nimmt der Tag mit dieser kurzen, aber eindrucksvollen Eucharistiefeier einen ganz besonderen Lauf. Mich persönlich bewegt diese intensive, gerade auch spirituelle  Gemeinschaft von uns Fünfen zusammen mit Laurent nachhaltig.

Nach dem Frühstück gebt es ziemlich unmittelbar los. Trinkwasser ist in der Kühlbox an Bord. Kekse etc. ebenso. Zwei Pickups stehen an der Ausfahrt des Erzbischöflichen Terrains bereit – jeweils mit 6 Soldaten besetzt – Maschinengewehr im Anschlag. Begrüßung nicht gewünscht. Immer noch ist die Stimmung bedrückt auf Seiten unserer nigrischen Freunde ob dieser Aktion. Wir fünf können das so abbuchen, dass es sicher eine gut gemeinte Aktion der Botschaft war zu unserer Sicherheit. Wobei ich persönlich finde, dass Humanitäre so nicht im Land unterwegs sein  sollten und man Schutz  sicher auch diskreter gestalten könnte. Ausserdem: dieser Aufwand wird nur für uns Weisse betrieben.

Allerdings sagt Laurent auch, dass an Weihnachten der Schutz der Christen bei den Messen in der Kathedrale sehr professionell und gut war.

Beeindruckend auch, wie Laurent den interreligiösen Dialog wirklich verinnerlicht hat. Nahezu überall, wo wir beten, betet er auch ein muslimisches Gebet, wenn Muslime da sind und keiner sonst das übernimmt. Auch der Reisesegen in unserem Auto wird zunächst in Form eines christlichen Gebets und dann für einen mit uns reisenden muslimischen Mitarbeiter von Caritas Niger in einer ihm bekannten Gebetsform gespendet. Laurent sagt, dass jeder Priester im Niger auch drei wichtige, kurze Gebete der Muslime kennen muss.

Die Fahrt nach Makalondi verläuft im Konvoi mit den Militärs sehr zügig. Die Straßensituation lässt 120 km/Std. zu. Immer weniger Grünes sehen wir. Immer mehr tauchen wir tiefer in eine wirkliche Sahellandschaft ein. Kamele am Strassenrand, vollbeladene Eselskarren ….

Zuerst sehen wir Frauen aus der Frauengruppe Buamtandi. Wir lernen Schwester Perpetua kennen, die 54 Frauengruppen mit insgesamt ca. 2000 Frauen in landwirtschaftlichen Projekten und Viehzucht managt. Eine geniale, lachende Frau, der es unendliche Freude macht, wenn wieder eine dörfliche Gemeinschaft über die Frauen integriert werden will bei Buamtandi. Die Frauen tanzen und singen, danken und sind sehr froh.

Anschließend fahren wir weiter zum Gemüsegartenprojekt. Wir fahren zwei, drei Kilometer. Sand, alles ist trocken, staubig. Etwas Buschwerk nur. Auf einmal eine Fläche von ca. einem Hektar. Alles tiefgrün. Frauen gießen ihre kleinen Beete, säubern sie. Ein kleiner Oberflächenbrunnen liefert das Wasser. Man steht dort mitten in all der Dürre wie in einer grünen Oase. Es bewegt mich so, das mir die Tränen aufsteigen, ohne dass ich es verhindern kann. Was diese Frauen – Musliminnen und Christinnen – miteinander bewegen und wie viel Vorbereitungen und Energien es kostet, so weit zu kommen!

Dann fahren wir weiter in Laurents Heimatdorf. Dort sitzen wir kurz in seiner Hütte und treffen zunächst zwei seiner leiblichen Brüder. Einer ist nach dem Tod des Vaters Dorfchef geworden. Eine sehr eindrückliche Erscheinung ohne eine wesentliche Regung. Sehr stolz, sehr ernst. Erlässt keinen Zweifel daran, wer in der Familie bestimmt, auch wenn der jüngere Bruder Erzbischof ist. In der Familie von Laurent leben Muslime und Christen -wie überall – miteinander. Dann bittet Laurent Peter und mich, mit ihm seinen seit 45 Jahren schwerst geistig behinderten leiblichen Bruder in seiner Hütte zu besuchen und mit ihm dort bei dem Bruder zu beten. Als Kind war dieser Mann bis zu seinem 5. oder 7. Lebensjahr ganz gesund und blitzgescheit, wie Laurent berichtet. Die Ursache seiner Erkrankung ist völlig unklar geblieben bis heute…Trotz aller ärztlichen Konsultationen. Wir lassen etwas Geld als Hilfe dort…

2018 – Tagebuch 4

Tagebuch Januar 2018/4

Heute gegen 9.00 Uhr verlassen wir unser Projekt in Gohomey. Aber natürlich nicht, ohne unseren Mitarbeitern und dem kleinen Hungerkind Andre „Lebewohl“ zu sagen. Thomas hat den kleinen Andre besonders ins Herz geschlossen. Er hat immerhin so viel an Agilität gewonnen, dass er sich die Magensonde zur leichteren Nahrungs­zufuhr selbst gezogen hat und jetzt vom Löffelchen seine Spezialmilch trinkt.

Besonders möchte ich noch berichten, wie wunderbar in Ordnung in unserem Projekt war. Alles sah so strahlend aus. Wir haben Helene und Dieudonné sehr dafür gedankt. Sogar unsere Kapelle war neu „geweisselt“.

Wir glauben, das hatte auch etwas mit dem angekündigten Besuch von Mgr. Rolf zu tun. Unsere kleine Gnadenkapelle im Krankenhaus-Innenhof strahlt weiter unvermindert aus sich heraus. Charly betet dort am Morgen den Angelus mit uns, bevor wir alle fahren.

Auch die elektrotechnischen Probleme sind bearbeitet. Ange hat alle Versicherungen unserer Fahr­zeuge und Mopeds aktualisiert nach Erfordernissen und ist Charly zur Hand gegangen. Thomas hat die Planung zur Gestaltung des Hofes/Gartens vor der Pädiatrie bearbeitet und fertiggestellt und uns hervorragend umsorgt. Er lief immer völlig dynamisch los, um irgendetwas zu trinken, zu essen zu besorgen, wenn jeder von uns dachte: „Ach, nicht so wichtig, als dass ich mich jetzt wieder auf den Weg durch die Hitze mache …“

Der Flug heute mit einer Bombardier Propellermaschine von Cotonou nach Niamey war perfekt. Schon beim Anflug sehen wir nur braune, staubige Erde. Kaum ein Baum oder Strauch. Sahel. Ein eklatanter Unterschied zu Gohomey. Es lief wirklich hervorragend mit der Anreise und wir sind gut installiert hier am Bischofssitz.

Nach der Programmbesprechung für unsere Tage und dem gemeinsamen Abendessen im Refektorium zieht es uns noch einmal nach draußen in die sehr angenehm laue Nacht Afrikas … Das Klima hier lässt sich wirklich wunderbar ertragen. Trotz gleicher Hitze von 33 Grad schwitzt man hier im Gegensatz zu Benin gar nicht.

Bonne nuit!

2018 – Tagebuch 3

Tagebuch Januar 2018/3

Wieder ein beeindruckender Tag heute. Die Taufe von Christina, der Tochter von M. Dieudonne und seiner Frau fand statt im Rahmen eines Pilgertages von Kindern und jungen Menschen – krank und gesund – in Gohomey – inmitten unseres Krankenhauses.

Junge Menschen aus einer Nachbarkirchengemeinde, Kinder aus dem Behinderten-Zentrum in Lokossa, unsere Waisen-und Kinderkrippenkinder, Patienten aus dem Krankenhaus und alle Taufgäste vor dem Gnadenbild im Innenhof des Krankenhauses in Gohomey versammelt zu sehen, war schon bewegend. Sie alle später beim gemeinsamen Mittagessen froh und lachend miteinander zu sehen, rührte fast zu Tränen. Ein kleines Heerlager von Kindern und jungen Menschen im völligen Miteinander, ungeachtet ihrer körperlichen oder geistigen Gesundheit oder Krankheit.

Unsere kleine Kapelle war sehr voll und bebte fast vor schmetterndem Singen, Trommeln und Klatschen während des Taufgottesdienstes.

Am Nachmittag besuchen wir auf unserer Mopedtour – dieses Mal auf ganz neuen Wegen – ein Mikrokreditprojekt, das seit zwölf Jahren funktionier. W wir besuchen auf ein Bier oder eine Coca unseren ehemaligen Mitarbeiter Simon. Alle erfreuen sich des Wiedersehens, obwohl, die Trennung vor Jahren sehr kompliziert war.

Unwillkürlich denke ich, es wäre wunderschön, wenn uns das mit den Schwestern von Padre Pio auch so ergehen könnte ….

Abends haben wir noch das Gespräch über die Zukunft des Zentrums mit Helene und auch über ihre Zukunft im Projekt. Ein wirklich gutes Gespräch, welches Peter und mir viel Hoffnung gibt.

Und dann kommt die wunderbare Theateraufführung unserer Waisenkinder. Sie spielen die Etappen dieses Besuches, die Messe und Medikamentenübergabe im Gefängnis, die Taufe, den Pilgertag in Gohomey, die Segnung der Kranken im Krankenhaus so, als wäre „Bischof Lohmann“ mit Ange, Charly, Thomas, Peter und mir dort gewesen. Das war so eine Freude, die Kinder so engagiert und intensiv ihre Rollen spielend zu sehen!

So endet der Tag, der Abend in einem ganz besonderen Gefühl der Verbundenheit und Dankbarkeit.

2018 – Tagebuch 2

Tagebuch Benin Januar 2018/2

Im Projekt in Gohomey
Heute begannen Thomas und ich den Arbeitstag mit der Visite im Krankenhaus, um nach unseren unterernährten Kindern zu schauen. Alle beide haben zunächst überlebt. Wir sind erleichtert.

Das frühmorgentliche Frühstück auf dem Einbaum bei der Mono Flussfahrt entfällt wegen Wassermangel im Mono jetzt in der Trockenzeit.

Alle beginnen mit ihren Arbeiten. Peter und ich sprechen mit Mme. Helene und M. Dieudonne sowie unserem Gynäkologen über sein Verbleiben im Projekt und über die Zukunft des Projektes. Eine sehr fruchtbare Diskussion mit ganz neuen Visionen. …. Und der Gynäkologe bleibt zunächst einmal.

Im Gefängnis von Lokossa
Nach einer kurzen Siesta geht es gegen 15.00 Uhr nach Lokossa. Wir grüßen noch Bischof Victor und fragen an, ob wir noch kurz bei ihm vorbeikommen sollen. Aber er ist nicht da, erwidert die Grüße und segnet uns.

So laufen wir dann beim Gefängnis auf und treffen auf eine strahlende Gefängnisdirektorin, die uns empfängt. Wieder, wie immer, ist das Gefängnis hoffnungslos überfüllt. Das Stimmengewirr hinter den Mauern deutet auf hunderte Menschen.

Wir überreichen der Gefängnisdirektorin mit Grüßen des Niederrhein-Bischofs Rolf Lohmann die von ihm noch gesegnete Skulptur der Consolatrix afflictorum. Sie freut sich sichtbar sehr und ist bewegt. Später, am Ende des Besuches, als sie mir eine Botschaft mitgibt für den Bischof, verstehe ich, warum. Ein kurzes Gespräch über die neue Gefängnismauer, die drei Hektar eingrenzen wird.

Und noch eine Nachricht. Im Gefängnis von Lokossa sterben in ganz Benin die wenigsten Gefangenen. Vier im letzten Jahr. Die Gefängnisdirektorin führt das eben auch auf die Medikamente zurück, die sie durch APH dort immer zur Verfügung haben.

Dann kommt der Gefängnispfarrer und wir gehen – wie in einer kleinen Prozession – einer nach dem anderen – in das Innere des Gefängnisses . Vorne die Direktorin und ihre Begleiter, dann der Priester, dann wir. Das Szenario ist unglaublich und für uns nicht von der Welt, die wir kennen und einordnen können. Durch ein wahres Heerlager von ca. 200 Menschen ziehen wir durch eine enge Menschengasse so weit ins Innere des Gefängnisses, das ich mich wundere, dass der Gottesdienst hier stattfindet. Die Menschen grüßen uns mehrheitlich sehr freundlich, wir grüßen zurück und nehmen inmitten des Menschengewusels unsere Plätze direkt am Altar ein. Die Frauen singen und die Trommeln spielen. Eine unglaublich andere Wirklichkeit! Man nimmt eine besondere, aber nicht bedrohliche Anspannung wahr. Rechts neben uns steht in einem Glaskasten eine große Gottesmutterstatue. Die Gottesmutter der „Rosa mystica“. Eine Kerze wird vor ihr entzündet.

Als ich wenig später noch mal dorthin schaue, sehe ich einen bewaffneten Soldaten auf einem Stuhl neben der Gottesmutter und hinter uns stehen. Er muss der offenbar den Überblick behalten. Dieses Erlebnis einer Eucharistiefeier werde ich nie in meinem Leben mehr vergessen. Wir beten, singen, klatschen mit den Menschen dort und hören eine kurze, aber beeindruckende, die Menschen in ihrer speziellen Situation sehr Wert schätzende Predigt. Die Gefängnisdirektorin spricht kurz und erklärt, wer wir sind.

Wir erklären, woher wir kommen, überbringen die Grüße aus Kevelaer und das Bedauern des Weihbischofs. Dann erzähle ich mit der kleinen Statue der Gottesmutter in der Hand etwas über die Consolatrix afflictorum und es berührt die Gefangenen offenbar so sehr, dass fast schon stürmischer Applaus losgeht.

Da hat wohl der Heilige Geist gewirkt, die richtigen Worte in dieser Umgebung und in französischer Sprache zu finden. Ganz bemerkenswert war noch, dass während unseres Gottesdienstendes und danach ein muslimischer Gefangener in einer Ecke des Hofes ungestört sein Gebet auf seinem Teppich verrichtete. Die Toleranz der Religionen ist in Benin genial, auch wenn sehr viel Anderes ganz kompliziert ist und sogar eine Bezeichnung gefunden hat: Beninoiserie.

Wir fahren anschließend noch im Behinderten-Zentrum in Lokossa vorbei. Morgen kommen ca. 15 Kinder von dort zur Wallfahrt zu uns an die Gnadenkapelle.

LG von uns Fünfen, Elke