Übergabe der Hilfsgüter im Überschwemmungsgebiet

Heute war früher Aufbruch für Elke, Peter, Johannes und Dieudonne angesagt. Um 7.30 Uhr Abfahrt in die Überflutungsregion an den Mono-Fluss zur Übergabe der Hilfsgüter an die Bevölkerung, der am schwersten betroffenen Dörfer. Das übrige Team bleibt im Hospital, um die Patienten weiter zu versorgen, damit für alle angemeldeten Patienten das Bestmögliche realisiert werden kann.
Zuerst treffen wir den Bürgermeister und dann macht sich sogar der Präfekt mit uns auf den unbequemen Weg, um mit uns auf den, vom Regen zerstörten, Pisten und Wegen zu den bedürftigen Menschen zu fahren. Ein gutes Gefühl, dass wir wieder einen sehr empathischen Präfekten an der Seite hatten, der in seiner Militär-Uniform eine absolute Respektsperson darstellt. Er ist ein den Menschen sehr verständnisvoll zugewandter Mensch und wirkt gleichzeitig ordnend, strukturierend und Perspektive gebend. In der augenblicklichen, umstrittenen politischen Situation Benins ist das sehr wohltuend!

Und es ist wie immer: die Ärmsten der Armen in dieser ländlichen Region -nahezu am Ende der Welt- trifft es noch einmal zusätzlich. Je näher wir an den Mono-Fluss kommen, umso modriger wird der Geruch. Die Insekten und die gnadenlose Hitze mit hoher Luftfeuchtigkeit (sicher über 80 %) nimmt rapide zu. Die Menschen haben in ihren kleinen Ansiedlungen Cerealienspeicher stehen – wie im Sahel. Sie bauen sich nomadenartige, kleine Hütten in ihre riesigen Felder, um dort während der Zeit der intensiven Feldarbeit zu leben. All das ist zerstört und als wir ankommen in dem am schlimmsten betroffenen Dorf sagen uns die Menschen, dass sie die Ernte von Mais, Maniok und Baumwolle auf nahezu 1000 Hektar Landfläche verloren haben. Sie, das sind die Menschen in drei von sieben Arrondissements, die direkt am Fluss liegen. Es sind ca. 3500 Menschen. Wir bringen Ihnen Moskitonetze, Matten, Stoff für Kleidung, Medikamente und Wasser-Entkeimungstabletten, damit sie Trinkwasser zubereiten können. Wir lernen schnell, dass die Anzahl der Moskitonetze deutlich erhöht werden muss, um eine effektive Malaria-Prävention für die betroffenen Menschen in dieser Region zu schaffen. Jetzt zieht sich das Wasser rasch zurück, denn es hat seit drei Tagen nicht mehr geregnet. Aber nun wird die Gefahr von Cholera z.B. maximal. Entsprechende Medikamente haben wir mitgebracht und stellen weitere Hilfe in Aussicht, wenn es zu epidemischer Verbreitung kommen sollte.
Die Menschen, die in einer Grundschule evakuiert waren, begrüßen uns herzlich und was mich immer wieder zutiefst bewegt, ist, dass sie keine Leidensmienen zeigen. Sie klatschen, singen und tanzen; bringen so und mit bewegenden Worten zum Ausdruck, dass sie dem Präfekten, dem Bürgermeister und uns danken, dass wir den Weg zu Ihnen gemacht haben, den derzeit kaum jemand macht wegen der massiven Un“weg“samkeit. Man spürt, dass diese Menschen ein großes Stück Existenz verloren haben und ihr Dank vielmehr noch ausdrücken will das Gefühl, dass sie sowohl von ihren eigenen politischen Repräsentanten als auch von uns nicht vergessen sind in ihrer Not. „An die Ränder gehen“ sagt Papst Franziskus uns immer, wenn er uns motivieren will, mehr und mehr die Armen unserer Welt wirklich im Blick zu haben und in unsere Handlungskonzepte achtend und Wert schätzend zu integrieren. Ich glaube, dass wir heute sehr deutlich am Rand der von Menschen zu ertragenden Not waren.

Dann führte Johannes mit seinem gesamten Fotografen-Equipment der Weg um die Mittagszeit des heutigen Tages weiter über schmalste Pfade zu Fuß und mit dem Moped durch große Pfützen in Richtung Mono-Fluss. M.Dieudonne und unser Polizei -Kommandant aus Gohomey begleiteten ihn. Er wollte weiter in das Überschwemmungsgebiet vordringen. Dem Polizeikommandanten aus Gohomey war das spürbar gar nicht so lieb. Er sprach von Rindern, Flusspferden und Krokodilen dort, die alle wohl nicht entspannt waren. Johannes und Dieudonne kamen kurz nach uns zurück ins Projekt. Es war deutlich nach 13.00 Uhr. Johannes hatte sich auf dem Moped einen kräftigen Sonnenbrand eingefangen und das Mittagessen der Menschen im Überflutungsgebiet in Augenschein nehmen dürfen. Es waren gebratene Schlangen, die man jetzt in dem feuchten Sumpf wohl vermehrt finden kann.

Es gibt aber auch zwischendurch gute Nachrichten: unser mitgebrachtes, gebrauchtes EKG Gerät funktioniert. Ebenso der neue Wehenschreiber. Das Endoskopie-Team spiegelt nicht nur Magen und Darm bei zahlreichen Patienten, sondern punktiert auch Ergüsse und Eiteransammlungen im Brustraum von Patienten, die schwer luftnötig hier angekommen sind. Außerdem realisiert Dr.Rüdiger Kerner noch die Fortbildung für EKG Auswertung, für Sonographie und Endoskopie für unseren Chefarzt Dr. Mensah.
Gestern Abend wurde mit der leitenden Kinderärztin, Dr. Gisele, die dringend erforderliche bauliche Erweiterung der Pädiatrie vor besprochen. Hans-Hermann Pieper nimmt das mit uns zusammen in die Hand. Gerade jetzt am Nachmittag sind Hans-Hermann Pieper (Pädiater) und Peter Tervooren beim Abmessen der Grundrisse für eine solche Erweiterung der Kinderklinik. Die deutsch-beninische Zahnarzt-Mannschaft ist etwas mehr zusammengewachsen; aber wir sind noch nicht sicher, ob es in Abwesenheit des Teams von Dr. Roland Klein möglich sein wird, dem beninischen Kollegen das gesamte Feld und Equipment zu überlassen zur intermittierenden Fortsetzung des zahnärztlichen Dienstes. Wolfgang Paul arbeitet mit seinen beninischen Anästhesie-Kollegen gemeinsam an der Fortentwicklung dieser Disziplin und an medikamentösen Ergänzungen und technischen Reparaturen der Anästhesie-Geräte im OP.